Oberhavel. Allerorten herrschen derzeit Freude und Erleichterung über die Rückkehr zur Präsenz: Gemeindevertreter-, Stadtverordnetenversammlungen und auch der Kreistag kommen in Oberhavel dieser Tage erstmals seit Monaten wieder vor Ort zusammen statt virtuell zu tagen. Niedrige Corona-Inzidenzzahlen machen es möglich. „Das ist gut so. Digitale Treffen können die persönliche Begegnung auf Dauer nicht ersetzen“, betont Heiner Klemp, Oranienburger Landtagsabgeordneter für Bündnis 90/Die Grünen, der selbst auch dem Kreistag Oberhavel angehört.
Dennoch hat Klemp in den vergangenen Wochen und Monaten intensiv daran gearbeitet, dass die Brandenburger Kommunalverfassung künftig das ermöglicht, was zunächst als befristete Notlösung in der Pandemie gedacht war: die Teilnahme an kommunalen Sitzungen, ohne vor Ort sein zu müssen. In dieser Woche nun wird der Landtag die Änderung der Kommunalverfassung beschließen. Dann können Mandatsträger*innen per Video an Sitzungen teilnehmen, wenn sie „aus beruflichen, familiären, gesundheitlichen oder vergleichbaren Gründen“ verhindert sind.
„Das kann junge Eltern und pflegende Familienangehörige ebenso betreffen wie Menschen, die auf Dienstreise sind“, sagt Heiner Klemp, der sich davon deutlich mehr Flexibilität für das ehrenamtliche politische Engagement verspricht: „Im besten Fall ermutigen wir Menschen zur Kandidatur, für die dies bislang nicht infrage kam – etwa, weil der Bus vom Sitzungsort nach Hause spätabends nicht mehr fährt oder weil sie aufgrund einer Behinderung weniger mobil sind.“
Hinzu kommt, dass Gremien auch komplett digital tagen können, wenn eine Zwei-Drittel-Mehrheit dies aufgrund einer außergewöhnlichen Notlage beschließt: „Das muss keine globale Pandemie, das kann auch ein regionales oder lokales Ereignis wie ein Hochwasser sein“, erklärt Klemp, der auch kommunalpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Landtag ist.
Selbst jahrzehntelang in der Kommunalpolitik aktiv, ist er überzeugt, dass die neuen gesetzlichen Regelungen praxistauglich sind: „Aus Oranienburg zum Beispiel ist an mich herangetragen worden, dass eine ursprünglich angedachte Obergrenze bei der Zahl der digital Teilnehmenden den Vorsitzenden der SVV in der Praxis vor Probleme stellen könnte. Diese Obergrenze haben wir im Verhandlungsprozess gestrichen.“
Die Stadt Oranienburg gehört ebenso wie der Landkreis Oberhavel zu den Kommunen, die in der Pandemie bereits viel investiert haben, um digitale Sitzungen zu ermöglichen und damit den demokratischen Betrieb vor Ort aufrecht zu erhalten. „Wir haben versprochen, dass diese Investitionen nicht umsonst waren, und dieses Versprechen halten wir. Weitere Städte, Gemeinden und Landkreise können und sollten nun nachziehen und ihre Sitzungen zumindest teilweise digitalisieren.“