Vor-Ort-Termin mit der Bürgerinitiative gbno am 05. April 2023
Die Regionale Planungsgemeinschaft Havelland-Fläming plant, zwischen Brandenburg an der Havel und Kloster Lehnin auf über 400 Hektar ein Gewerbe- und Industriegebiet zu errichten. Allerdings widerspricht dies den Zielen des Landes Brandenburg zum Wald- und Klimaschutz, da die Fläche größtenteils mit Wald bedeckt ist. Zudem fehlt eine Anbindung an das Schienennetz, was die Frage aufwirft, wie die Fachkräfte zu ihren Arbeitsplätzen kommen sollen. Nach der ersten Auslegung des Regionalplans 3.0 sind hunderte Einwände gegen das Vorhaben eingegangen.
Mehr Infos zum Regionalplan 3.0 auf der Webseite der Regionalen Planungsgemeinschaft
Gemeinsam mit der Bürgerinitiative gbno (Göttiner Bürgerinitiative Naturnahe Orts- und Stadtteile e.V.) aus dem Brandenburger Ortsteil Göttin habe ich mir an der A2 zwischen Brandenburg an der Havel und Kloster Lehnin ein Bild von der Lage gemacht und festgestellt, dass fast die gesamte Waldfläche gerodet und versiegelt werden würde. In direkter Nachbarschaft bemüht sich das Land um die Wiedervernässung eines Moores, dessen Wasserbedarf durch ein neues Industriegebiet beeinträchtigt werden würde.
Zur Webseite der Göttiner Bürgerinitiative gbno
Auch ein Landschaftsschutzgebiet liegt in unmittelbarer Nähe zum geplanten großflächigen gewerblich-industriellen Vorsorgestandort (GIV). Nicht zuletzt liegt die Fläche in einem Gebiet, das für die Grundwasserneubildung von großer Bedeutung ist. In Zeiten, in denen das Grundwasser mit jedem Jahr knapper wird, ist dieses Kriterium besonders wichtig bei der Standortwahl für Industrieansiedlungen. Darüber hinaus ist in der Abwägung die Frage nach der zweiten Verkehrsanbindung neben der Straße zu klären. Eine Schienenanbindung ist nicht vorhanden. Damit stellt sich die Frage, wie der Standort für die Fachkräfte aus der Region erreichbar sein soll, ohne dass die Straßen im Berufsverkehr überlastet werden.
Für größere Industrieansiedlungen muss die Raumordnung verändert werden, was eine Änderung der Flächennutzungskonzepte über die Regionalplanung bedeutet. Mit einem veränderten Flächennutzungsplan ist die Kommune dann an die Vorgaben gebunden. Nach Abschluss der Flächenplanung übernimmt der potentielle Investor die weiteren Verfahren, und die Stadt muss sich nicht mehr selbst darum kümmern. Viele Investoren suchen heute nach fertigen Flächen, die entsprechend vorbereitet sind.
Die fehlende Anbindung für Fachkräfte ist in Brandenburg an der Havel ein großes Hindernis. Für die Stadt besteht weiterhin die Herausforderung, dass die gerodeten Waldflächen in der Region ausgeglichen werden müssen. Wie die Stadt Brandenburg an der Havel hunderte Hektar Wald aufforsten will, bleibt abzuwarten. Der Wald ist in unzählige kleine Parzellen mit unübersichtlichen Eigentumsverhältnissen aufgeteilt, was einen schwierigen und langen juristischen Prozess erwarten lässt, bevor die Fläche an einen Investor übertragen werden kann.
Die Stadtverordnetenversammlung (SVV) in Brandenburg an der Havel wurde bei der Entscheidung bisher nicht einbezogen, da der Oberbürgermeister dies autonom gegenüber der Regionalplanung durchgeführt hat. Damit ist ein wichtiger Aspekt der demokratischen Willensbildung auf der kommunalen Ebene gefährdet. Hier spielt der Ortsteil Göttin eine wichtige Rolle. Denn der Eingemeindungsvertrag von Göttin sieht vor, dass der „dörfliche Charakter von Göttin zu erhalten ist“. Deshalb ist es wichtig, dass die Menschen vor Ort ein Mitspracherecht erhalten, wenn ein Projekt dieser Größenordnung vor ihrer Haustür geplant wird.