Brandenburg und Polen: Partner in Europa

Heiner Klemp (Dritter von rechts) mit der polnischen Delegation auf der bündnisgrünen Fraktionsklausur (von links): Beata Bilska, Anna Aniśko, Julia Chruściel, Tomasz Aniśko, Ewa Drewniak und Przemysław Slowik.
Heiner Klemp (Dritter von rechts) mit der polnischen Delegation auf der bündnisgrünen Fraktionsklausur (von links): Beata Bilska, Anna Aniśko, Julia Chruściel, Tomasz Aniśko, Ewa Drewniak und Przemysław Slowik.

Die Freundschaft mit Polen zu vertiefen ist für das Land Brandenburg ein Staatsziel mit Verfassungsrang – so hat es der Landtag auch dank des Engagements der bündnisgrünen Fraktion am 5. Juli dieses Jahres festgeschrieben. Wir haben diese Verfassungsänderung im September auf die Tagesordnung unserer Klausur in Frankfurt (Oder) gehoben und mit Vertreter*innen der grünen Partei Polens diskutiert, darunter der Sejm-Abgeordnete Tomasz Aniśko aus Slubice und der Co-Parteivorsitzende Przemysław Slowik.

Nahezu einstimmig hat der polnische Sejm im September eine Resolution verabschiedet, die Deutschland zur Zahlung von Reparationen für den Zweiten Weltkrieg auffordert. Von 460 Abgeordneten haben nur die drei Vertreter*innen der grünen Partei mit „Nein“ gestimmt, berichtete Tomasz Aniśko in Frankfurt (Oder) in einer aufwühlenden Rede, die für Standing Ovations sorgte. Nach der Sejm-Abstimmung seien sie als „Verräter“ und „Volksdeutsche“ beschimpft worden, erzählte Tomasz. Denn Polens PIS-Regierung habe Deutschland für den bevorstehenden Wahlkampf zum Hauptfeind Polens erkoren: „Bei den Wahlen zuvor waren es LGBTQ-Menschen, und davor Geflüchtete. Jetzt verbreiten sie Lügen und antideutsche Ressentiments, um den Hass auf die Deutschen zu schüren.“ Deutschland wolle ein viertes Reich gründen und rüste auf, um Polen zu attackieren, werde etwa kolportiert.

Gleichzeitig warnte Tomasz davor, das Ganze ausschließlich als Wahlkampfmanöver abzutun. Die radikal-katholische PIS-Regierung verfolge ebenso wie erstarkende nationalistische Bewegungen und Parteien in ganz Europa die Agenda, die Europäische Union zu schwächen und letztlich zu zerstören. Genau deshalb sei es für die polnischen Grünen wichtig, klar Position zu beziehen und Einigkeit zu demonstrieren mit uns Grünen in Deutschland und Brandenburg. Tomasz‘ Rede in voller Länge könnt Ihr hier sehen:

Als europapolitischer Sprecher der bündnisgrünen Landtagsfraktion empfinde ich die Freundschaft zu Polen für Brandenburg als Bundesland im Herzen Europas als essenziell. Europapolitik in Brandenburg muss diese Freundschaft in den Fokus nehmen, sie festigen und ausbauen. Zivilgesellschaft stärken, Energieversorgung sichern, Migration koordinieren, Verkehrsverbindungen vernetzen: Gemeinsam mit unseren polnischen Partner*innen sind wir stärker und schaffen mehr zum Wohle der Menschen beiderseits der Oder.

Viele dieser Punkte sind in unserem Positionspapier „Brandenburg und Polen: Partner in Europa“ festgehalten, das wir während der Klausur verabschiedet haben und für das es viel Zustimmung gab – sowohl von den Vertreter*innen der grünen Partei aus Polen als auch von den Europaabgeordneten Sergey Lagodinsky und Ska Keller, die betonten, dass Brandenburg an der Schwelle zu Osteuropa eine wichtige Rolle einnimmt, was die europäische Integration angeht.

Positionspapier „Brandenburg und Polen: Partner in Europa“ (PDF)

Das Papier komme zur genau rechten Zeit und sei ebenso wie die brandenburgische Verfassungsänderung ein wichtiges Signal für die liberalen Kräfte in Polen, sagte der Co-Parteivorsitzende der grünen Partei, Przemysław Slowik. „Die Menschen in Deutschland und Polen sind Nachbar*innen, Freund*innen und Kolleg*innen. Unsere Regierung will das zerstören, aber wir werden kämpfen und stehen ein für ein vereinigtes Europa und für die deutsch-polnische Freundschaft.“

Dafür stehen auch wir als Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Landtag Brandenburg. Es ist mir wichtig, dass wir diese Diskussionen mit unseren polnischen Freund*innen führen und nicht über sie. Für ihren wertvollen Input zu unserem Positionspapier bin ich ebenso dankbar wie für den weiteren Austausch auf Augenhöhe, den wir vereinbart haben.

Beim Thema Oder gilt es, alle Kräfte beiderseits des Flusses zu bündeln.

Ganz konkret setzen wir uns nach der Umweltkatastrophe in der Oder in diesem Sommer verstärkt gemeinsam für deren Aufarbeitung ein – und gegen den einseitigen Ausbau des Grenzflusses auf polnischer Seite. Denn dieser vernichtet Lebensräume und gefährdet mittelbar auch die Menschen in Brandenburg und Polen. Die Ausbaumaßnahmen müssen sofort gestoppt werden! Einen entsprechenden Antrag der polnischen Grünen für den bevorstehenden Kongress der European Green Party in Kopenhagen Anfang Dezember unterstütze ich.

Beim Thema Oder gilt es, alle Kräfte beiderseits des Flusses zu bündeln, um den Ausbau aufzuhalten und das Ökosystem zu schützen. Das wurde auch bei dem Besuch einer Delegation aus Lubuskie im Ausschuss für Europaangelegenheiten und Entwicklungspolitik Anfang Oktober deutlich. Von der polnischen Zentralregierung allein gelassen, erarbeitet die Woiwodschaft mit Wissenschaftler*innen ein Programm zur Wiederherstellung der Oder. Mehr dazu steht in der unten verlinkten Pressemitteilung.

PM unserer Fraktion „Delegation aus Lubuskie stützt grüne Position zur Oder“

Website der Grünen Partei Polens – Partia Zieloni