Ein paar Zahlen vorneweg: 4,6 Millionen Tonnen Zement werden im Jahr weltweit – als „Kleber“ im Beton – verbaut. 2,8 Milliarden Tonnen CO2 fallen bei dessen Herstellung durch das Brennen von Kalkstein an. Fast 8 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen entfallen damit auf die Zementproduktion – mehr als sämtlicher Flugverkehr und alle Rechenzentren der Welt freisetzen! (Quelle)
Wer also einen Weg findet, signifikant weniger Zement bei der Produktion von Beton einzusetzen, leistet einen wesentlichen Beitrag dazu, die klimaschädlichen Emissionen der Bauindustrie zu reduzieren. Und genau das ist die Mission des Start-ups Sonocrete in Cottbus, das ich bei meiner Sommertour zu neuer Energie besucht habe. Doch was genau produziert Sonocrete eigentlich? Nicht etwa Beton, sondern Ultraschall-Anlagen für dessen Herstellung.
Wozu die gut sind, kann die kaufmännische Geschäftsführerin des Cottbuser Start-ups Nora Baum fantastisch erklären – und zwar mit dem in der Regel etwas unbefriedigendem Ergebnis, das jeder kennt, der schon mal Kakao angerührt hat: „Wenn Du Milch auf den Kakao schüttest und ein wenig umrührst, hast Du ein wenig Kakao in der Milch gelöst, aber dazu auch viele Klümpchen. Genauso verhält es sich mit Zement und Wasser. Mit unseren Anlagen sind alle Klümpchen ganz schnell einfach weg.“
Die gar nicht mal so geheime Zutat dafür ist kein Material, sondern Ultraschall: Eine kleine Menge Zement-Wasser-Gemisch wird damit beschallt und dann zum Anmischen des Betons mit weiterem Zement, Wasser und Füllstoff verwendet. Durch den vorher eingesetzten Ultraschall beschleunigt sich das Festwerden des Betons. Um auf den Kakao-Vergleich zurückzukommen: Einmal rühren und der Kakao ist ein schönes homogenes Schoko-Getränk.
Nun klingt das erst einmal so, als würde gar nicht CO2, sondern „nur“ Zeit gespart. Der Ansatz von Sonocrete ist allerdings: Gleicher Einsatz von Zeit für die gleiche Menge Beton – und dafür wird dann erheblich weniger Kleber in Form von Zement benötigt, stattdessen kann mehr Füllstoff wie etwa Kies zugegeben werden. Ganze 30 Prozent Zement können Betonproduzenten einsparen, die eine Sonocrete-Anlage einsetzen. Und 30 Prozent weniger Zement bedeuten auch 30 Prozent weniger CO2! Dessen Ausstoß wird durch den globalen Zertifikatehandel von Jahr zu Jahr teurer. Zudem ist die CO2-Bilanz immer häufiger ein Kriterium bei Ausschreibungen von Bauvorhaben. Die Entscheidung, Zement zu sparen, ist nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch sinnvoll.
Es ist also kein Wunder, dass Sonocrete gut vier Jahre nach Gründung der Markteinstieg geglückt ist: Die ersten Anlagen werden an die Produzenten von Beton-Fertigteilen verkauft, inzwischen gibt es 20 Mitarbeitende am Standort Cottbus, Tendenz steigend. Beton-Fertigteile, die mit Sonocrete produziert wurden, werden u. a. beim neuen Bahnwerk vor Ort in Cottbus und in einem Bahntunnel in Norwegen verbaut.
30 Prozent eingesparte Treibhausgase bei einem der großen Treiber des Klimawandels – ohne Frage eine signifikante Größe. Und doch betont Nora Baum: „Zement wird immer einen CO2-Fußabdruck haben. Langfristig brauchen wir ein CO2-freies Bindemittel, um auf null Emissionen zu kommen.“ Die Übergangstechnologie, die Sonocrete entwickelt hat, ist dabei ein riesengroßer Schritt auf dem richtigen Weg.